Es gibt in der Werbung ein ungeschriebenes Gesetz: Es als Vorteil anzupreisen, man habe sich über Jahrzehnte nicht verändert, dürfen nur die ganz Großen. Dazu zählen Angela Merkel („Sie kennen mich“) oder Persil-Waschmittel („Da weiß man, was man hat“). Nun versucht die Speiseeis-Marke Magnum es ganz ähnlich und kombiniert dies sogar noch mit dem Versprechen, den Status quo auch künftig nicht anzutasten: „Für immer ein Klassiker.“ Immer schneller drehe sich diese Welt, aber eines bleibe seit über dreißig Jahren bitteschön, wie es ist: das Magnum-Eis. Vielleicht ist aber genau das für ein hochverarbeitetes Industrieprodukt nicht das klügste Motto.

Zumindest ist es erfrischend ehrlich, denn: kein Greenwashing in Sicht. Sogar die sich wandelnde Politik und den technischen Fortschritt erwähnt die Anzeige, beides würde Herstellung und Rezeptur des Eises doch nicht kratzen. Ein seit den Neunzigerjahren kräftig gewachsenes Nachhaltigkeitsbewusstsein in der Bevölkerung? Die erstarkte Klima- und Umweltbewegung, vor allem in der jungen Generation? Ein inzwischen großes Angebot an Bio-Eis inklusive fairer und regionaler Lieferketten? Scheint für die Leute beim Hersteller Langnese, Teil des Unilever-Konzerns, zweitrangig zu sein. Oder bekommt man dort von solchen Entwicklungen vor lauter Nostalgie nichts mit? 

Zumindest legt das der Blick in die Zutatenliste vom „Magnum Classic“ nahe, ein Dokument unserer globalisierten Welt: Mandeln aus Kalifornien, Vanille aus Madagaskar, Kokosöl aus den Tropen. Letzteres ist laut des aktuellen Speiseeis-Reports 2020 der Naturschutzorganisation WWF ähnlich problematisch wie Palmöl. Kokospalmen liefern weniger Ertrag pro Hektar: 2018 betrug die Anbaufläche weltweit 12,4 Millionen Hektar, dabei wurden nur 1,2 Prozent des Pflanzenfett-Bedarfs damit gedeckt.

Der WWF fürchtet nun, dass mit der wachsenden Nachfrage nach Pflanzenfett der Flächenverbrauch weiter steigt, oftmals von Regenwäldern in Indonesien, Indien und auf den Philippinen. Für Kokospalmen würden kaum soziale und ökologische Produktionsanforderungen gestellt. Es gibt kaum Kontrollen, und wie es den vielen Kleinbauern geht, die meist Flächen von weniger als vier Hektar bewirtschaften, ist unbekannt. Der Weltmarktpreis hat sich seit 2018 halbiert. Laut WWF setzen alle der 17 untersuchten Eishersteller, mit Ausnahme von Friesland Campina, Kokosfett ein. Langnese-Produkte, darunter auch Magnum, werden sogar ausschließlich damit hergestellt. 22.000 Tonnen Kokosfett hat die deutsche Speiseeisindustrie 2019 verarbeitet, 190.000 Tonnen wurden insgesamt in Deutschland verbraucht.

Kokosfett verleiht dem Eis seine cremige Konsistenz, die auch Magnum in seiner Anzeige anpreist. Es bewirkt zudem, dass es langsamer schmilzt und nicht steinhart aus der Truhe kommt. Außerdem ist es billiger als ausschließlich auf das teure Milchfett zu setzen. Laut WWF hätte kein Unternehmen seit dem vorherigen Bericht von 2018 seine Lieferketten auf fair und ökologisch umgestellt. Selbst Sonnenblumen- und Rapsöl, das eigentlich auch hierzulande produziert wird, kommt häufig aus Übersee. 

Wenn es überhaupt Kokosöl sein muss, könnten Hersteller also zumindest auf faires Bio-Kokosfett zurückgreifen oder sich für dessen Herstellung stark machen. Oder lieber gleich heimische Alternativen nutzen. Das Potenzial wäre nicht unerheblich: Im Schnitt 8,3 Kilogramm Speiseeis isst jeder und jede Deutsche pro Jahr. Verbraucher sollten auf Bio- und Fairtrade-Siegel achten oder auf Milcheis umschwenken. Aber da Magnum ja selbst die Tradition ins Spiel bringt: Warum nicht besser zur Eisdiele gehen? Dort wird in der Regel kein Kokosfett verwendet, da der Profi das Eis täglich mit frischer Milch anrührt. Und wenn eines den Titel eines zeitlosen Klassikers verdient hat, dann doch das Eis vom Italiener um die Ecke.

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