Wegweiser

Domitila Barros

„Klimaschutz, Recycling, alles richtig. Aber wir müssen auch Hunger und Armut überwinden.“
Domitila Barros

Von der Favela zur grünen Miss Germany
Wenn Domitila Barros durch die Favela ihrer Kindheit geht, ein Armenviertel in Rio de Janeiro, zieht sie als Erstes ihre Schuhe aus. „Das erdet mich“, sagt sie. In ihrem Viertel Linha do Tiro, übersetzt „Schusslinie“, gehören Drogen, Bandenkriege und tödliche Polizeieinsätze zum Alltag. Ihre Eltern brachten Straßenkindern Lesen und Schreiben bei, kochten für sie. „Als ich auf die Welt kam, warteten da schon fünfzig Kinder auf mich“, sagt Barros.

In diesem Jahr ist die 37-Jährige zur Miss Germany gewählt worden. Die Misswahlen sind nicht mehr dieselben wie etwa noch 2010. Damals sagte die Gewinnerin, dass sie Deutschland mit ihrer guten Laune begeistern möchte. Die Jury lobte ihr „super Fahrgestell“. Heute müssen die Frauen mit einer Mission überzeugen. Barros’ Anliegen: „Klimaschutz, Recycling, alles richtig. Aber wir bekommen das Klima nicht gerettet, wenn wir Hunger und Armut nicht überwinden.“ In der Favela, in der sie aufwuchs, liegt Schrott herum, die Wasserqualität ist schlecht.

Für ihr Sozialpädagogikstudium zog sie von Rio nach Berlin, arbeitete als Schauspielerin und Model, gründete eine Schmuck fir ma. „Die Frauen aus meiner Favela fragten mich, ob sie mitarbeiten können.“ Barros ent wirft die Designs, die Frauen fertigen den Schmuck bei sich zu Hause aus nach wachsendem Goldgras. Sie bekommen vierzig Prozent der Einnahmen, rund 1200 Euro im Monat. „So können sie Fortbil dungen für bessere Jobs machen und un ab hängig von ihren Männern werden“, erklärt Barros. Der Rest deckt Logistik sowie Material und geht an das Hilfsprojekt ihrer Eltern.

Barros erklärt ihren rund 200.000 Fans auf Instagram Recycling und Klima krise. Und sie hält Vorträge, etwa bei Firmen. Ihr Ziel: Nachhaltigkeit attraktiv machen. „Greenwashing und Diversity Washing müssen aufhören“, appelliert sie an die CEOs. Ein Teil der Honorare geht an die Straßenkinder, zu denen sie nie den Kontakt verloren hat. Wenn sie sie besucht, ziehen sie durch die Favela – barfuß.

Domitila Barros