Wegweiser

Renate Keil

„Diese Tiere sind extrem liebenswert“
© Jana MaiRenate Keil© Jana Mai

Ein Leben für die Fledermaus

„Manchmal ist es schon seltsam“, sagt Renate Keil. Die 75-jährige Tierärztin erzählt vom Silvestertag im Jahr 2010. Draußen lag Schnee, Keil hatte die Terrassentür geöffnet. In diesem Moment musste die Fledermaus mit der blutenden Wunde vor die Tür geflattert sein. Sie schleppte sich über den Wohnzimmerteppich, durch den Flur und legte sich hin, als wollte sie sagen: Hilf mir! Keil kann es selbst kaum glauben, doch sie schwört, dass die Geschichte wahr ist und die Bartfledermaus. Keil nannte sie Lilly, zuvor nicht bei ihr gewesen sei. Woher sie wusste, dass die Tierärztin ihr helfen würde? „Vielleicht hat eine andere Fledermaus es ihr erzählt.“

Renate Keil widmet ihr Leben den Fledermäusen. Acht bis 15 Stunden arbeite sie täglich für die kleinen Tiere, sagt sie. Inzwischen pflegt die Rentnerin sie nicht mehr in ihrer Praxis in Hannover, sondern bei sich zu Hause. Oft leben rund hundert Fledermäuse bei ihr, die sie be handelt und wieder flugfähig macht. Fast täglich kommen neue Patienten dazu.

In diesem Sommer fanden viele Fledermäuse wegen der Dürre kaum Wasser und Insekten. Oft wurde auch der Baum gefällt, in dem sie überwintern. Eigentlich muss jeder Baum vorher untersucht werden, doch das geschehe nicht immer. „Einmal hat einer mit der Kettensäge direkt durch die Kolonie gesäbelt“, erzählt Keil. „Die Fledermäuse haben geschrien.“ Renate Keil hat im Jahr 2012 das BUND-Fledermauszentrum in Hannover mitgegründet, in einem alten Luftschutzbunker mit aufgestellten Volieren, Kästen und einem Flugraum. Dort üben die geschwächten Tiere das Fliegen, bevor sie entlassen werden.

Sogar von weit her würden Retterinnen und Retter aufgelesene Fledermäuse in Not nach Hannover bringen, sagt Keil. Verletzte Tiere sollte man in eine dicht verschlossene Schachtel mit Luftlöchern legen und Fachleuten übergeben. Die findet man im Netz oder in Facebookgruppen. Die Tiere seien extrem liebenswert, sagt Keil. Auch Bartfledermaus Lilly konnte nach einem halben Jahr wieder fliegen. Sie besuchte Renate Keil auf ihrer Terrasse den ganzen Sommer über, jeden Tag.

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