Wegweiser

Harald Schneider

„Lehm bringt die Leute zusammen.“
Harald Schneider

Lehmbotschafter aus Leidenschaft

Als Harald Schneider endlich nach langer Zeit wieder das Gefühl hatte, etwas Sinnvolles zu tun, war er 35 Jahre alt, wühlte irgendwo hinter den Anden in Bolivien in einer Lehmkuhle und half beim Hütenbau in den Dörfern. Sein Weg war weit: Erst eine Ausbildung zum Elektriker bei Siemens, dann Fachabi, dann ein Studium zum Umweltingenieur. Das gefiel Schneider schon besser, der auf einem Selbstversorgerhof bei Bamberg aufgewachsen war. Schließlich arbeitete er bei einem Startup für Meerwasserentsalzungsanlagen. Dort erlebte er, wie gute Ideen in der Schublade verschwanden. Also Kündigung, Reise durch Lateinamerika, bis er in besagter Lehmkuhle stand: „Mich faszinierte, dass die Menschen dort nutzen, was die Erde ihnen gibt“, sagt der heute 40-Jährige. Geerdet habe ihn das. Also gründete er seine Firma Lebenslehm, um den Werkstoff bekannter zu machen.

Lehm ist vielseitig. Er taugt als Füllmasse oder Putzschicht, auch kombiniert mit Stroh und Holz, er trocknet zu festen Ziegeln oder Platten. Mit der Industrialisierung setzten sich Beton, Stahl und Glas auf den Baustellen der westlichen Welt durch – alles energie- und CO2-intensiv hergestellte Materialien. Darum erlebt Lehm als Ökobaustoff ein Revival: energieeffizient, massenhaft verfügbar, leicht zu verarbeiten und wiederverwendbar.

Harald Schneider arbeitet auf Baustellen in ganz Deutschland, verputzt Innenwände, zieht Mauern hoch. In Workshops baut er als Lehmbotschafter Pizzaöfen mit den Teilnehmenden. Das verfängt: Eine Solidarische Landwirtschaft aus Bayreuth etwa baute mit Schneider einen Seminarraum. Er zeigte ihnen, wie sie Lehm aus dem Garten abbauen und verarbeiten können. Auch ein Fußballverein ließ sich beibringen, wie man Putz herstellt und auf der Wand verteilt. „Lehm bringt die Leute zusammen“, sagt Schneider. Lehm nimmt Gerüche auf, filtert Schadstoffe, speichert Feuchtigkeit, gibt diese gleichmäßig ab und erzeugt so ein angenehmes Raumklima. Nur Regen löst ihn auf, darum braucht ein Lehmhaus ein wasserdichtes Fundament, ein überstehendes Dach und versiegelten Außenputz. Das mache Lehm aber auch perfekt für die Kreislaufwirtschaft: „Wenn man ihn nicht mehr braucht, gibt man ihn dem Boden zurück.“

Harald Schneider